Ines Prokop

Ines Prokop studierte nach einer Ausbildung zur Bauzeichnerin Bauingenieurwesen an der TFH Berlin und berufsbegleitend Bauwerkserhaltung an der BTU Cottbus. Sie war von 1997-2012 als Tragwerksplanerin in Berlin tätig. In ihrer Promotion im Fachgebiet Tragwerksplanung an der Universität der Künste Berlin widmete sie sich der Entwicklung der Eisen- und Stahlkonstruktionen in Berlin von 1850 bis 1925. Sie lehrte Tragwerksplanung an der UdK sowie Bauwerkserhaltung an der Fachhochschule Potsdam. Von 2012 bis 2020 war sie im Verband Beratender Ingenieure VBI im Hauptamt und ab 2018 als Geschäftsführerin für den Bereich Technik tätig. Seit Anfang 2020 ist sie Geschäftsführerin des Bundesverbandes Bausoftware BVBS.

Das Projekt

Vom Eisen- zum Stahlbau

Berlin war bis zum Zweiten Weltkrieg das Zentrum des Bauens mit Eisen und Stahl in Deutschland. Mit der Forschungsarbeit von Ines Prokop wird die Geschichte des Berliner Eisen- und Stahlhochbaus in seiner Blütezeit zwischen 1850 und 1925 erstmals systematisch dargestellt.

Der Untersuchungszeitraum beginnt 1850, da zur Mitte des 19. Jahrhunderts die bis dahin vorhandenen empirischen Bemessungsmethoden von neuen baustatischen, wissenschaftlich begründeten Berechnungs- und Bemessungsmethoden abgelöst wurden und sich im Zusammenspiel mit neuen Eisenmaterialien (Schmiede- und Flusseisen) und Fügetechniken (Nieten) die Art der Tragwerke im Vergleich zur Frühphase des Eisenbaues wesentlich veränderten. Der Untersuchungszeitraum endet 1925 mit der Einführung der ersten einheitlichen Stahlbauvorschriften und dem Einzug der Schweißverfahren in das deutsche Bauwesen, welche einen erneuten Umbruch für den Stahlbau mit sich brachten.

Der Fokus der Forschungsarbeit liegt auf dem Einfluss der Baustatik und des Materials auf die eisernen Tragkonstruktionen. Die enge Wechselbeziehung von Baustatik- und Stahlbauentwicklung wird anhand von zahlreichen Beispielen aufgezeigt. Doch nicht nur Bauwerke aus jener Zeit werden beleuchtet, sondern auch die Ingenieurleistungen, die wegweisend für den Wandel waren.

Zu den untersuchten Gebäudetypen gehören Bahnhofshallen, Markt- und Industriehallen, Pflanzenhäuser, Museums- und Ausstellungsgebäude sowie Sport- und Vergnügungspaläste.

Das Projekt in Zahlen

Titel Vom Eisenbau zum Stahlbau. Tragwerke und ihre Protagonisten von 1850 bis 1925
Autorin Dr.-Ing. Ines Prokop
Umfang 512 Seiten
Herausgeber*in Mensch & Buch
Erschienen 01.03.2012
ISBN 978-3863870775

Porträt

Forschend Bauwerke erhalten

Die Begeisterung für historische Ingenieurbauwerke und die fehlende Literatur zum Stahlbau in Berlin veranlassen Ines Prokop, sich der Bautechnikgeschichte und Bauwerkserhaltung zu verschreiben, über die historischen Berliner Eisen- und Stahltragwerke zu promovieren und in ihrem Buch Vom Eisenbau zum Stahlbau zu veröffentlichen. Ihr liegt daran, auch die Ingenieurplanung und ihre Protagonisten herauszustellen, ohne die Architektur nicht möglich ist.

Während meiner Tätigkeit im Ingenieurbüro bin ich oft auf spannende historische Berliner Eisen- und Stahltragwerke gestoßen, aber ich fand kaum Literatur dazu. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte «Konstruktion als Kunstwerk» von Werner Lorenz über den frühen Berliner Eisenbau bis zum Jahr 1850.

Als für die in Ostberlin aufgewachsene Prokop in der 9. Klasse die Entscheidung ansteht, Abitur mit oder ohne Berufsausbildung zu machen, hört sie auf den Rat der Eltern, die beide Ingenieure sind, und beginnt neben dem Abitur eine Bauzeichnerlehre. Sie wägt in der Studienwahl zwischen dem Bauingenieur- und Architekturstudium ab und entscheidet sich für ersteres. Diszipliniert studiert sie Bauingenieurwesen an der TFH (ab 2021 Berliner Hochschule für Technik) und beginnt bereits mit 23 Jahren ihre Bauingenieurtätigkeit im Büro bei Prof. Hilbers in Berlin.

Dass man als Frau Ingenieurin werden kann, hat sie im familiären und gesellschaftlichen Umfeld als selbstverständlich erlebt. Als sie die ersten Anweisungen auf der Baustelle gibt, fürchtet sie weniger, als Frau nicht ernst genommen zu werden, sondern eher, weil sie so jung ist.

Sie plädiert heute, auch auf Grund ihrer Einblicke in die Unternehmensstrukturen, die sie durch ihre Verbandstätigkeit gewinnt, für einen höheren Frauenanteil in Situationen, in denen über Besetzungen von Stellen entschieden wird. Denn bei gemischten Auswahlgremien haben Frauen gleichberechtigtere Chancen. Sie selbst empfindet das Ingenieurwesen vor allem als sehr fachorientiert.

Im Bauingenieurwesen geht es darum, gemeinsam einen Lösungsweg zu finden. Alle wollen das Projekt zu einem positiven Abschluss bringen. Für mich ist eigentlich immer das Fachliche im Vordergrund, und man begegnet sich als Fachmensch nicht als Fachfrau oder -mann.

Aber Prokop beobachtet ebenso, dass sich Kommunikationsmuster unterscheiden. «Frauen sind meist zu ehrlich», bringt sie es überspitzt auf den Punkt. Sprechen Frauen in Projekten eher mögliche Risiken an, weisen auf schwierige Details hin oder thematisieren die noch nicht ganz ausgereifte Planung, werten Männer dies eher als Schwäche und kommunizieren Probleme seltener. Aber nicht nur weibliche Vorbilder möchte sie gerne vermehrt antreffen, auch die Sichtbarkeit der Bauingenieur*innen liegt ihr per se am Herzen. Sie wirkt mit am Ingenieurbauführer für Berlin, der 111 wegweisende Ingenieurprojekte der letzten 200 Jahre präsentiert und die Protagonisten aufzeigt, die die Tragwerke für Bauwerke schufen. Sie glaubt, dass man Begeisterung weckt, indem man Geschichten erzählt, etwas, das Ingenieur*innen lernen sollten.

 

Im Gespräch mit Ines Prokop