Ingeborg Friedrich-Keil

Ingeborg Friedrich-Keil studierte nach Besuch der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Hochbau Bauingenieurwesen an der TU Innsbruck und an der TU Berlin und schloss 1991 mit dem Diplom ab. Bis 2002 war sie Sachverständige für Tragwerksplanung im Ingenieurbüro GuD Geotechnik und Dynamik Consult GmbH in Berlin und von 2003 bis 2006 Geschäftsführerin und Gesellschafterin des Ingenieurbüros BBIG Berlin-Brandenburger Institut für Geotechnik GmbH Dr.-Ing. Karstedt und Partner. Von 1995 bis 2005 lehrte sie als Lehrbeauftragte an der Technischen Fachhochschule Berlin im Fachgebiet Geotechnik. Sie gründete 2006 ihr Büro IFK Ingenieurbüro für Geotechnik. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Tragwerksplanung des Spezialtiefbaus und des Wasserbaus, der Baugrundgutachten und der Ausführungskontrolle Spezialbau.

Das Projekt

Gründung GSG-Campus, Berlin

Die Baumaßnahmen (Kleihues + Kleihues Architekten) umfassen einen 22-geschossigen Nordturm (A), einem Südturm (G) mit 11 Geschossen und 6 Zwischengebäuden mit 5 bis 7 Geschossen (B bis F, H). Dieser Gebäudekomplex wird durch 2 Untergeschosse verbunden werden. Die Besonderheiten des Geländes zu allen vier Seiten und die Größe und Höhe der Baugrube weisen das Bauvorhaben als besonders herausfordernde Aufgabe aus.

Für die Gründung der Türme werden auf Grund der erheblichen Lasten suspensionsgestützte Großbohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 m und 1,80 m vorgesehen. Die Zwischengebäude werden flach auf einer WU-Bodenplatte mit einer Stärke von 1,20 m bzw. 1,50 m gegründet. Ab dem abgeknickten Wandverlauf in Richtung Bahntrasse bis zur Grundstücksgrenze ist eine ausgesteifte Trägerbohlwand geplant. Die parallel zur Bahntrasse 6171 verlaufenden Trägerbohlwände werden aufgrund des hohen Geländesprunges und des Bahnverkehrs mit 3 bis 4 Ankerlagen ausgeführt. Diese Verbauwände sind als permanente Elemente berechnet, die Ausfachung wird mittels Stahlplatten vorgenommen. Parallel zum M-Kanal im Norden der Baugrube ist eine Rückverankerung nicht möglich. Hier wird eine tangierende ausgesteifte Bohrpfahlwand mit einer Innenaussteifung konzipiert. Die Bohrpfähle dienen sowohl als Baugrubensicherung als auch als Gründungselement für das aufgehende Gebäude. Die Innenaussteifung erfolgt soweit wie möglich durch horizontale Rohrsteifen gegen andere Baugrubenwände. Die resultierenden Stützkräfte im Einflussbereich der großen Aufzugsgrube am Nordturm werden durch die Rohrsteife an Bohrpfähle mit eingestellten Trägern geleitet: Tote Mann Konstruktion.

Diese Baugrubenplanung kombiniert sehr unterschiedliche Ausführungsvarianten miteinander und muss dabei auch den technologischen Ablauf beachten. Über die einzige Zufahrtmöglichkeit entlang der Bahnlinie 6172 muss sowohl das technische Gerät und die Materialien angeliefert werden als auch der Abtransport des Erdreiches erfolgen, der sich durch die beengte Situation sehr langwierig gestalten wird.

Das Projekt in Zahlen

Bauherr*in GSG Gewerbehöfe Berlin GmbH & Co. KG
Geotechnik IFK, Ingenieurbüro für Geotechnik GmbH
Architektur Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH
Baubeginn 10/2022

Porträt

Solide gegründet

Alles ist machbar, man muss nur lange genug drüber nachdenken. Mit dieser Devise begegnet Ingeborg Friedrich-Keil den herausfordernden Problemen, die sich ihr bei der Baugrube und Gründung der Erweiterung des GSG Campus in Berlin stellen.

Schon mit 12 Jahren ist für Ingeborg Friedrich-Keil klar, dass ihr späterer Beruf «etwas mit Bauen» zu tun haben soll. Sie besucht die Höhere Technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Hochbau in Innsbruck, um ihr Abitur zu machen. Nach dem Praktikum im Tunnelbauunternehmen BeMo in Innsbruck weiß sie mit Sicherheit, dass dem Tunnelbau ihre Leidenschaft gehört. Sie beginnt ihr Studium im Bauingenieurwesen in Innsbruck als eine von zwei Frauen in ihrem Jahrgang, wechselt nach Berlin und schließt das Studium dort ab. Sie erfährt, dass es klug ist, bei der Prüfungsauswahl taktisch vorzugehen und bestimmte Professoren, deren Vorurteile gegenüber Frauen bekannt sind, zu meiden und auch, Leistungen von Betreuern einzufordern. Nach dem Studium arbeitet sie als Sachverständige für Tragwerksplanung bei GuD Geotechnik und Dynamik Cosnult GmbH in Berlin. Ihre Fachkompetenz und Leistungsbereitschaft ermöglichen ihr nach dem Studium ein rasches Vorwärtskommen als Sachverständige für Tragwerksplanung. Zwischendurch lehrt sie zusätzlich an der Technischen Fachhochschule Berlin und verfolgt ehrgeizig die Idee zu promovieren, was aus familiären Gründen jedoch nicht zu Stande kommt. Der tatsächliche Sprung in die Führungsebene muss von Friedrich-Keil hart erkämpft werden. Sie ist überzeugt, dass sie, um das zu erreichen, immer auch etwas mehr arbeiten musste als ein Mann. Sie wird Geschäftsführerin und Gesellschafterin des Berlin-Brandenburger Institut für Geotechnik Dr.-Ing. Karstedt + Partner, einem beteiligten Unternehmen der GuD Consult GmbH. Es erweist sich als schwierig in dem männlich dominierten Arbeitsumfeld als weibliche Führungskraft trotz hoher Fachkompetenz akzeptiert und mit der notwenigen Handlungsmacht ausgestattet zu werden. Als die ausgeführte Partnerschaft nach drei Jahren mit der Liquidierung der Firma endet, gründet Friedrich-Keil daraufhin unmittelbar am darauffolgenden Tag ihr eigenes Büro. Friedrich-Keils Arbeitsweise ist geprägt von einem hohen Arbeitspensum und einem klar formulierten Anspruch an die Qualität ihrer Arbeit.

Grundsätzlich vertrete ich einen soliden Servicegedanken, die Kund*innen sollen gut beraten werden und eine gute Leistung bekommen. Es ist wichtig, dass das richtige Fachwissen hinter unserer Arbeit steckt. Ich versuche meinen Mitarbeiter*innen die Philosophie IFK mitzugeben und sich in kritischen Situationen die Frage zu stellen – wie würde Ingeborg handeln?

Diese Stringenz ist ihr wichtig, sehr zum Leidwesen ihrer Mitarbeiter*innen, wie sie schmunzelnd zugibt. Bei ihr zählt Leistungsbereitschaft, Teamfähigkeit und natürlich Fachkompetenz und die Freude daran, etwas Neues kennenlernen zu wollen.

 

Im Gespräch mit Ingeborg Friedrich-Keil