Jane Wernick schloss ihr Studium 1976 mit einem BSc im Bauingenieurwesen ab und begann im Anschluss für Ove Arup & Partners zu arbeiten. Von 1976 bis 1998 war sie dort u.a. verantwortlich für Großprojekte wie das Millennium Wheel (London Eye), dem TGV Bahnhof in Lille oder dem Stansted Flughafen Terminal. Von 1986 bis 1988 leitete sie das Arup-Büro in Los Angeles. Sie gründete 1998 Jane Wernick Associates und ging 2015 eine Partnerschaft mit dem Ingenieurbüro engineersHRW in London ein. Wernick unterrichtete u.a. an der Harvard Graduate School of Design, der Mackintosh School of Architecture in Glasgow und der Architectural Association in London. Sie ist Mitglied des EDGE Think Tanks und des RIBA Building Futures Steering Committee sowie des CABE Design Review Panel des Design Council und Vorsitzende der Diversity Task Force des Construction Industry Council.
Für die Besichtigung der Baumkronen in Kew Gardens (Royal Botanic Gardens) wurde eine 18 m hohe Stahlkonstruktion mit Stegen und Plattformen entwickelt, die sich auf 200 m durch den Abschnitt des alten Waldes, dessen Bäume im Zuge der Umgestaltung durch Capability Brown in den 1770er Jahren gepflanzt wurden, schlängelt.
Es musste eine Konstruktion entwickelt werden, die zwischen die Bäume und ihre Wurzelsysteme passt und die Höhe der Baumkronen erreicht. Als Baumaterial wurde Cortenstahl gewählt, dessen rötlichbraune Farbe sich gut in die Parkanlage einfügt. Schlanke, sich verjüngende Pylone tragen Knotenplattformen mit je 3 m Durchmesser zwischen dehnen sich identische 12 m lange Brücken erstrecken. Diese Laufstegmodule bestehen aus vertikalen und horizontalen Fachwerken. Der Abstand des Schnittpunkts der Diagonalen folgt einer Fibonacci-Sequenz mit den engsten Abständen an den Trägern. Die Böden und Balustraden der Stege sind mit einem Streckgitter aus verzinktem Stahl ausgekleidet, das sowohl Sicherheit als auch Transparenz bietet.
Eine besondere Herausforderung stellte die Auslegung der Gründung dar, da diese nicht in den Bereich der radialen Hauptwurzeln geraten durfte. Es wurde ein maßgeschneiderter Rost aus verzinktem Stahl entworfen, der als Pfahlkopfplatte jeweils vier vorgesehene Pfähle zusammenbindet und an der der Pylon verankert werden konnte. Er wurde nahe an der Erdoberfläche eingebracht. Ein Stahlprofil wurde in jeden Betonpfahl eingeführt und mit dem Rost verschweißt, um als Hauptpfahlbewehrung zu dienen.
Bauherr*in The Royal Botanic Gardens, Kew
Architektur Marks Barfield Architects
Tragwerksplanung Jane Wernick Associates
Ort Kew, London
Höhe 18 m
Länge 200 m
Fertigstellung 2008
Es ist ein Projekt, wie man es sich nur wünschen kann. Bei der Realisierung des Treetop Walkway in Kew Gardens in London freut sich Jane Wernick über die interessante Aufgabe, einen sehr erfinderischen Bauherrn, die kongeniale Zusammenarbeit mit den entwerfenden Architekt*innen und einen sehr engagierten Stahlbauer.
Es kommt nicht oft vor, dass man in seiner Laufbahn auf einen Kunden trifft, der, wie ich es nenne, ein campion client ist. Jemand, der dem Projekt wirklich verbunden ist, der das Entwurfsteam versteht und respektiert. Das gesamte Team arbeitete sehr gut zusammen und als dann noch ein Stahlbauer dazu kam, der sich enorm einbrachte, war alles perfekt.
Jane Wernick bringt 2008 das Buch Building Happiness: Architecture to make you smile heraus, in dem in verschiedenen Beiträgen darüber nachgedacht wird, wie die gebaute Umwelt Einfluss darauf haben könnte, wie glücklich man ist. Diese Diskussion möchte Wernick gerne fortführen. Für sie soll ein geschaffenes Werk immer die Möglichkeit bieten, Freude zu bereiten.
Ich ging auf eine Mädchenschule und als ich 14 Jahre alt war, kam eine Elektroingenieurin in unsere Schule und erzählte, sie wäre Ingenieurin geworden, weil sie Mathe, Physik und Dinge herstellen mag. Das mochte ich auch, also sagte ich meiner Physiklehrerin, ich denke, ich werde Ingenieurin. Sie war überrascht. Niemand von unserer Schule war bisher Ingenieurin geworden und sie empfahl, erst einmal Physik zu studieren.
Durch Zufall wählt sie als voruniversitäres Praktikum das Büro Ove Arup & Partners in London aus und arbeitet dort acht Monate bevor sie mit dem Studium an der University of Southampton beginnt. Wernick sagt rückblickend, wenn sie nicht schon durch die Arbeit im Büro Arup erfahren hätte, was Tragwerksplanung sein kann, wäre sie wohl keine Bauingenieurin geworden, denn das Studium empfindet sie als nicht sehr inspirierend. In den 22 Jahren, die sie bei Arup tätig ist, ist sie für zahlreiche Projekte hauptverantwortlich. Das Millennium Wheel, das Londoner Riesenrad mit 135 Meter Durchmesser, wird ihr bekanntestes Projekt. Wernick beendet ihre Tätigkeit bei Arup schließlich, als sie, wie sie deutlich sagt, die «Glasdecke» erreicht. Sie verlässt die Firma und gründet Jane Wernick Associates. Sie beginnt zu lehren, gewinnt Wettbewerbe und arbeitet mit vielen international bekannten Architekt*innen an sehr «erfreulichen» Projekten. Als eine der ersten Tragwerksplanerinnen mit eigenem Büro ist sie heute Mentorin für junge Gründerinnen. Sie ist Mitglied im Think Tank The Edge, der mit bis zu 50 Mitgliedern diverse Disziplinen zusammenbringt und versucht, Schritte für ein ressourcenschonendes Bauen anzustoßen. Mehr Zusammenarbeit wünscht sie sich ebenso zwischen den Architektur- und Ingenieurlehrstühlen. Man muss Ingenieur- und Architekturstudierenden die Möglichkeit einräumen, sich gegenseitig zu unterrichten und zu kritisieren. Bauingenieur*innen sollten im Studium lernen zu fragen, was der Gedanke hinter dem Entwurf ist. Es soll eine Gesprächskultur eingeübt werden, in der Architekt*innen nicht unhöflicherweise annehmen, die Bauingenieur*innen seien die Taschenrechner und führen nur Berechnungen durch, um ihre Entwürfe zu rechtfertigen.
www.edgedebate.com
Jane Wernick (ed.) Building Happiness: Architecture to Make You
Smile, Black Dog Publishing, London, 2008