Karen Eisenloffel

Prof. Karen Eisenloffel studierte Architektur (B.Sc.) und Bauingenieurwesen (M.Sc.) an der Ohio State University. Sie arbeitete von 1987 bis 1990 als Tragwerksingenieurin im Generalplanungsbüro Perkins & Will Architects, Engineers and Planners in Chicago. 1990 zog es sie nach Europa, wo sie als Projektleiterin in verschiedenen Tragwerksplanungsbüros in Zürich und in Berlin tätig war. Von 1995 bis 2000 war sie neben der Tätigkeit im Ingenieurbüro, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Tragwerkslehre bei Prof. Gerhard Pichler an der UdK Berlin. 1998 gründete sie mit dem Wettbewerbsgewinn für die Waldschlößchenbrücke in Dresden mit Achim Sattler das eigene Büro Eisenloffel + Sattler Ingenieure, welches seit 2007 mit weiteren Gesellschaftern als EiSat GmbH firmiert. 2000 wird sie zur Professorin für Tragwerkslehre und Tragkonstruktion an der BTU Cottbus berufen und lehrt in den Studiengängen Architektur, Bauingenieurwesen und Stadt- und Regionalplanung.

Das Projekt

Schutzdach in Göbekli Tepe, Türkei

Nahe der türkischen Stadt Sanlıurfa erhebt sich auf einer Hügelkette der Ruinenhügel von Göbekli Tepe, mit monumentalen, ringförmig angelegten Ritualbauten, deren Entstehung bis in das 10. Jh. v. Chr. zurück reicht. Für diese Anlage sollte eine dauerhafte Vorrichtung zum Schutz und für die Möglichkeit der Besichtigung durch Besucher errichtet werden.

Das Ergebnis ist eine leichte Membran- und Stahlkonstruktion, die sich als abstraktes Bauwerk in die hügelige Topographie einfügt. Das über einem Seilnetz gespannte Membrandach wird durch einen umlaufenden, elliptischen Druckring auf schräggestellten Stahlstützen abgetragen. Das sattelförmige Flächentragwerk hat eine Spannweite von ca. 39 × 45 m und eine Stichhöhe von knapp 8 m.

Aufgrund der großen Spannweiten und Exzentrizitäten wird die Konstruktion des Stegs im Zusammenhang mit dem Dachring grundsätzlich als «Tragring» bestehend aus zwei gekrümmten Fachwerkträgern konzipiert. Die beiden Fachwerkträger haben ihren Obergurt in der Dachebene und ihren Untergurt in der Stegebene, die durch Schrägstreben verbunden werden und entwickeln durch die umlaufenden Gurte eine räumliche Tragwirkung. Horizontalkräfte werden optimal durch die im Grundriss entlang einer gekrümmten Linie angeordneten Fachwerkstützen nach unten in die Stegebene abgeleitet. Eine große Herausforderung für die Tragwerksplanung ist die Abstützung der Konstruktion auf den wenigen, sehr unregelmäßig verteilten, möglichen Gründungspunkten der Grabungsstätte.

Das Projekt in Zahlen

Bauherr*in Deutsches Archäologisches Institut
Ort Provinz Urfa, Türkei
Architektur und Tragwerksplanung AG kleyer.koblitz.letztel.freivogel Architekten mit EiSat GmbH
Dachfläche ca. 2.400 m²
Spannweite 32 m
Planungszeit 2013-2014
Bauzeit 2015

Porträt

Fighting Gravity

Bei der ersten Begehung der Kultstätte Göbekli wird Karen Eisenloffel zusammen mit ihren Architektenkollegen Timm Kleyer und Alexander Koblitz schnell klar, dass für das Raumerlebnis und die Betrachtung der vier freigelegten Stelenringe mit den reichlich verzierten Monolithen, ein großes, stützenfreies Dach geschaffen werden muss. Dass dieses Projekt, vor dem Eisenloffel und ihr Team aufgrund der sehr sensiblen Umgebung der Ausgrabungsstätte großen Respekt haben, gut gelingt, ist der eingespielten Zusammenarbeit zwischen den Architekt*innen und ihrem Ingenieurbüro zu verdanken.

Es gibt eine Tradition der Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro, was ich ganz wichtig finde. In den vielen Jahren der gemeinsamen Planung entwickelt man sich zusammen weiter. Die Konstellationen pro Projekt mögen sich ändern und es ergeben sich immer wieder unterschiedliche Ansätze und Arbeitsweisen. Auch das ist gut für die gemeinsame Entwicklung.

Eisenloffel mag als Jugendliche Kunst und Mathe und irgendwann rät man ihr, Architektur zu studieren. Schon im ersten Studienjahr trägt sie sich für ein Doppelstudium im Bauingenieurwesen ein und macht ihren Master in Bauingenieurwesen.

Mir gefiel an der Architektur nicht, dass sie so unkonkret war. In der Statik gab es immer eine richtige Antwort auf die Fragestellung. So dachte ich damals und stellte später fest, dass es gar nicht so ist. Aber im Studium lernte man für die Prüfung und da gab es immer die eine richtige Antwort.

Mit dem Berufseinstieg merkt sie, dass ihr das Architekturstudium den Einstieg in die konkrete Planung sehr erleichtert. Sie überblickt schnell das Zusammenspiel ihrer Berechnungen mit den Anforderungen an den Entwurf. Als sie nach Europa zieht, in der Schweiz zu arbeiten beginnt und erstmalig mit den Herausforderungen vom Bauen im Bestand konfrontiert wird, kommt ihr zu Gute, dass sie immer viele Pläne selbst gezeichnet und Details entwickelt hat.

Diese Arbeitsweise, viel zu zeichnen, hat mir sehr geholfen, das Bestandsbauwerk und seine Struktur zu erfassen und schnell einen Überblick zu bekommen. Das waren alles Dinge, die ich im Architekturstudium gelernt habe. Und mir gefällt, dass ich Architekt*innen an der Universität in Cottbus in der Tragwerkslehre unterrichte, aber ich bin froh, dass ich das als Tragwerksplanerin mache.

In der Arbeitswelt eine konkrete Problematik oder Benachteiligungen für Frauen festzustellen, meint Eisenloffel, sei schwierig, es sind eher Stimmungen, die sie wahrnimmt. Genauer bestimmen kann sie die Veränderungen, die in der jüngeren Generation stattfinden und ihre Büroorganisation betreffen. Diese muss an die Wünsche der Mitarbeiter, auch Auszeiten für die Familienarbeit zu nehmen, angepasst werden. Sehr schnell habe sich das Instrument Elternzeit in diese Richtung entwickelt. Sie kennt zudem das Quotensystem aus den USA als wirksamen Hebel, die Zahl der Frauen in leitenden Positionen zu erhöhen. Quoten, so Eisenloffel, sind am Anfang vielleicht nicht immer gerecht oder unproblematisch, aber es geht darum, ein Selbstverständnis für die Beteiligung von Frauen oder Minderheiten herzustellen – die Quoten funktionieren langfristig.

 

Im Gespräch mit Karen Eisenloffel